Süßes Begehren
\nMythos Schokolade als Aphrodisiakum
\nvon Daniel Kofahl
\nIn einem Zeitalter, in dem Erotik immer öfter algorithmisch vermittelt wird, durch Nutzungsbedingungen geregelt ist und sozial riskant sein kann, brauchen wir ein Symbol, das das Triebhafte mildert und das Zärtliche ermöglicht. Voilà: Wir sprechen vom Mythos der Schokolade als Aphrodisiakum und damit von einer kulturellen Notlüge, die sich als Praline tarnt.
\nEs beginnt meist harmlos. Ein Quadrat, zartbitter. Oder ein Trüffel mit einem Hauch Chili, vielleicht etwas Fleur de Sel. Eine Hand, die es verschenkt, eine andere, die es entgegennimmt. Man lächelt. Und schon befindet man sich - ohne es zu merken - mitten in einer symbolisch aufgeladenen Handlung mit erotischem Subtext. Die Schokolade, so behauptet es die Kultur, ist mehr als Kalorien. Sie sei, so raunen Kinofilme hier und Werbetexte dort, ein Flirtverstärker, ein Libido-Booster, ein süßes Vorspiel. Kurzum: ein betörendes Pharmakon. Ein Begriff, der übrigens sowohl Heilmittel als auch Gift bedeuten kann.
\nNaturwissenschaftlich gesehen scheint die Annahme wenig Substanz zu haben. Vertrauenswürdige Ernährungsmediziner haben mir zugeraunt, dass die Wirkung der Schokolade auf die Libido in etwa so stark sei wie die eines warmen Waschlappens auf die Geopolitik. Kein Molekül in der Kakaobohne wirkt auf die menschliche Sexualität so stark wie ein Blick zur falschen Zeit am richtigen Ort. Aber das ist gerade der Punkt: Der Mythos wirkt, weil er nicht wahr sein muss ...
schovat popis- Nakladatel: Nova MD
- Kód:
- Rok vydání: 2025
- Jazyk: Němčina
- Počet stran: 98
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